„Maggie’s Memorial Team“, Frank Zech: Unser Weg zum Race for Life

Als meine Frau Maggie 2013 die Diagnose Brustkrebs erhielt, änderte sich unser Leben schlagartig – Frank Zech
Sechs Jahre haben wir gemeinsam gegen den Krebs gekämpft. Wir haben viele Hochs und Tiefs erlebt und nie die Hoffnung aufgegeben. Trotz aller Anstrengungen der Ärztinnen und Ärzte sowie eine Reihe von Alternativbehandlungen mussten wir 2019 Abschied von Maggie nehmen. Viel zu früh hat sie uns im Alter von 52 Jahren verlassen. Dieser schmerzliche Verlust hat in mir den Wunsch geweckt, etwas zu tun. Ich wollte nicht tatenlos zusehen, sondern einen Beitrag leisten, um Betroffenen und ihrem Umfeld Hoffnung zu geben und die Forschung voranzutreiben.
Als leidenschaftlicher Velofahrer bin ich eines Tages auf das Race for Life gestossen – eine Benefiz-Velotour, die Spenden für Krebsbetroffene und die Krebsforschung in der Schweiz sammelt. Für mich war klar, da will ich dabei sein! So kann ich aktiv etwas bewegen und das Andenken an Maggie ehren.
Mir war wichtig, dass ich nicht allein, sondern mit einem ausgeglichenen Team am Race for Life in Bern starten möchte. Dies ist gelungen:
Wir sind drei Frauen und drei Männer im Alter von 26 bis 67 Jahren. Von einem ehemaligen Strassen- und Bahnrennfahrer, einer ehemaligen Marathon Bergrennfahrerin zu einer Schwimmlehrerin und einem ehemaligen Fussballer – unser Team ist vielseitig. Obwohl wir uns nicht alle von Beginn an kannten, haben wir schnell zusammengefunden. Mein persönlich erreichtes Ziel 2023 von 92 km versuche ich dieses Jahr zu toppen und bereite mich seit Februar mit einem sehr strukturierten Trainingsprogramm von coachme.fit erfolgreich vor und bin sicher, dass es mir auch gelingen wird.
Aufgrund unserer erfolgreichen Teilnahme im letzten Jahr, bei der wir den 3. Platz in der Spendensumme, zwei Mal den 1. Rang für die meisten gefahrenen Kilometer und Höhenmeter erreichten sowie den 2. Rang in der Kategorie Durchschnitt Team/Fahrer erzielten, haben wir uns entschieden auch dieses Jahr wieder teilzunehmen. So fahren wir am 15. September gemeinsam am Race for Life in Erinnerung an Maggie und um ein Zeichen gegen die Krankheit zu setzen – mit dem Ziel, dass irgendwann niemand mehr seine Liebsten an den Krebs verliert.

Vroni lebte noch, als ich die Magnesiumflasche auf dem Baumstrunk deponierte

Ueli Freudiger schildert, wie nächtliche Ausfahrten auf seinem Bike ihm halfen, die Zeit mit seiner sterbenden Frau zu ertragen. Nachdem sie an ihrem Krebsleiden erlag, trat er für sie am Race for Life in die Pedale.
Vor einigen Jahren begann sich meine Frau Vroni für das Saxophon zu begeistern und spielte schon bald mit Leidenschaft in einer Blasmusik. Ich meinerseits entdeckte das Radfahren und Biken als gelegentlichen Ausgleich zu unserem gemeinsamen intensiven Berufsleben in einem Seeländer Landwirtschaftsbetrieb. Gegenseitig unterstützten wir uns: Ich besuchte mit Freude ihre Konzerte, sie feuerte mich an den Bike-Events lautstark vom Strassenrand an. 27 Jahre waren wir verheiratet, arbeiteten hart, gingen gemeinsam durch dick und dünn, zogen zwei Kinder gross, Sarah und Reto.
Wir teilten ein liebevolles Leben praktisch 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Unser Motto, sowohl im Betrieb wie auch zu Hause: «Geht nicht gibt’s nicht!» Ausser für unsere fünfwöchigen Flitterwochen in Australien 1985 gönnten wir uns ausschliesslich Kurzurlaube, drei, vier Tage am Stück und etwas längere Winterferien. Wir waren zufrieden, einzig eine Kreuzfahrt stand weit oben auf unserer Liste der Dinge, die wir irgendwann mal unternehmen wollten. Irgendwann.
Am 4. Oktober 2009, zwei Tage nach Vronis Geburtstag, änderte sich unser beider Leben, das Leben unserer Familie, radikal. Bereits seit Tagen fühlte sich Vroni unwohl. Sie suchte ihren Hausarzt auf, der ihr mitteilte, etwas sei ganz und gar nicht ok: Verdacht auf Krebs. Die Nachricht wühlte uns auf. Obwohl Krebs in unseren Familien kaum je auftrat, fand sich in unserem Bekanntenkreis mittlerweile eine stattliche Anzahl Personen, die an unterschiedlichen Krebsarten erkrankten und teilweise daran starben. Vroni wurde ins Berner Engeriedspital überwiesen. Die Ärzte entdeckten verdächtige Schattierungen und bestätigten die vermutete Diagnose: Brustkrebs.
Positive Wirkung von Sport in der Natur
Im nahe gelegenen Restaurant Neufeld tranken wir einen Kaffee und einen Tee, sassen still da, hielten uns an den Händen und umarmten uns. Wir hatten keine Ahnung, wie wir dies den Kindern mitteilen wollten. Eines aber war klar, wir wollten nichts verheimlichen, nichts beschönigen. In der Familie und in unserem Bekanntenkreis kommunizierten wir immer sehr offen. Und gerade in diesem Augenblick wollten wir uns erst recht daran halten. Einmal monatlich luden wir Angehörige und Bekannte in den Betrieb ein, sprachen über Vronis Gesundheitszustand, assen und tranken gemeinsam. Unsere Bekannten erkundigten sich entsprechend unbefangen nach Vronis Gesundheit.
Die guten Augenblicke, wenn es Vroni wieder besser ging, wurden immer rarer. Wir erhielten von den Ärzten bezüglich des Krankheitsverlaufs immer öfters schlechte Berichte und immer seltener gute Neuigkeiten. Dennoch waren wir zuversichtlich. Gemeinsam waren wir all die Jahre stark, auch diese Prüfung glaubten wir zu meistern. Wir waren sicher, dass wir nur durch diesen langen dunklen Tunnel zu gehen hätten, an dessen Ende aber wieder die Sonne scheinen werde. Wir sprachen wir oft darüber, was wir noch gemeinsam unternehmen, gemeinsam erleben wollten. Die geplante Kreuzfahrt war nun in die Ferne gerückt, wir wollten diese aber baldmöglichst nachholen. Leider verschlechterte sich Vronis Gesundheitszustand derart rasant, dass dies zumindest vorläufig ein Traum blieb. Ein schöner Traum.
In dieser schweren Zeit entwickelte sich mein Hobby, welches ich ein paar Jahre zuvor unregelmässig gepflegt hatte, zur eigentlichen Therapie: Mein Rad wurde zu einem wichtigen Begleiter. Nach der Arbeit fuhr ich nach Bern ins Spital zu Vroni und kehrte erst gegen zehn Uhr Abends nach Hause zurück. Schlafen wäre allerdings unmöglich gewesen, meine Gedanken kreisten in einer Endlosschlaufe um Vroni, ihren sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustand, unsere Familie, unseren Betrieb. Unmöglich, zur Ruhe zu kommen. Also montierte ich die Stirnlampe an meinen Helm, setzte ich mich aufs Bike und fuhr noch ein, zwei Stunden bis weit nach Mitternacht durch Felder und Wälder. Dies ermöglichte es mir einigermassen, Abstand zu den Sorgen zu gewinnen, den Kopf wieder etwas frei zu kriegen. Sport in der Natur wirkte sich auf meinen Gemütszustand deutlich positiver aus als jede Form einer ärztlichen Psychotherapie.
«Vroni lebte noch, als ich die Magnesiumflasche auf dem Baumstrunk deponierte»
Weil wir nie ein Geheimnis aus Vronis Krebserkrankung machten, kannten auch meine Kollegen des Veloclubs unsere private Situation und wussten auch, wie es Vroni im Augenblick ging. Während dem Biken und der anschliessenden gemeinsamen Zeit bei einem Glas Bier und dem gemeinsamen Nachtessen sprachen wir oft stundenlang über Vroni. Sie merkten, wann ich über die Krankheit sprechen konnte und wann mir nicht danach war. Sie nahmen grossen Anteil an unserer Situation, unterstützten mich mit lieben Worten und guten Ratschlägen. Dann und wann waren wir nur in einer kleinen Gruppe unterwegs, setzten uns nach einer schönen Tour auf einer Juraweide auf den Boden, sprachen über das Leben und das Sterben.
«Geht nicht, gibt’s nicht» funktionierte dieses Mal nicht. Vroni und ich mussten zur Kenntnis nehmen, dass der Krebs trotz aller medizinischen Fortschritte oft stärker ist. Am 1. März 2011 starb Vroni. In den letzten Wochen und Tagen war immer jemand der Familie bei ihr. Ich kündigte meinen Besuch auf 18.30 an, telefonieren war nicht mehr möglich. Ich bereitete mich im Büro vor, meinen Sohn Reto am Krankenbett abzulösen. In dem Augenblick, als ich losfahren wollte, kam der Anruf von Reto. Er verliess das Spitalzimmer nur für einen kurzen Augenblick. Als er wieder reinkam, lebte seine Mutter nicht mehr. Meine Tochter Sarah und ich stiegen sofort ins Auto, wir fuhren ins Spital um gemeinsam Abschied zu nehmen.
Am Morgen des Tages, als Vroni starb, ereignete sich etwas Eigenartiges. Ich ging frühmorgens im Wald joggen. Unterwegs nahm einen Schluck von meinem Magnesiumdrink, stellte die Flasche auf einen Baumstrunk und dachte dabei an Vroni. Die Fläschchen vergass ich dort. Seither gehe oder laufe ich ungefähr alle 14 Tage an dieser Stelle vorbei. Das Magnesiumfläschchen steht immer noch dort. Und jedes Mal wenn ich dort vorbeikomme, bleibe ich einen kurzen Augenblick stehen und sage zu mir selbst: «Vroni lebte noch, als ich dieses Fläschchen auf dem Baumstrunk deponierte.»
Radsport-Event zugunsten der Krebsliga
Nach Vronis Beerdigung und den unvermeidlichen Formalitäten stürzte ich mich schon bald wieder in mein Hobby, welches sich mittlerweile zur wahren Leidenschaft entwickelt hatte. Das Biken gab mir Dinge, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Ich brauchte einen Fokus. Auch heute, zweieinhalb Jahre nach Vronis Tod, realisiere ich, wie mir Biken Ablenkung und Linderung verschafft. Nur so schaffte ich es, den grössten Schock meines Lebens zumindest teilweise zu verarbeiten.
Noch während eines Spitalbesuchs im Wartsaal des Engeriedspital las ich in der «Berner Zeitung» einen Beitrag über einen Radsport-Event zugunsten der Krebsliga, das «Race for Life». Ich entschied spontan, mich anzumelden. Am 27. August 2011 wollte ich mit zahlreichen anderen Personen, die ein ähnliches Schicksal wie ich teilten, zwölf Stunden am Gotthard fahren. So viele Male rauf auf die Passhöhe und wieder runter nach Airolo wie möglich.
An diesem ersten Tag an der Tremola, frühmorgens eingeläutet mit Blitz und Donner, intensivsten Regenfällen, Wasser, das auf die Strassen in Airolo runterlief und Schnee auf der Tremola. Ich bekam Hühnerhaut. War da jemand, der mir zeigen wollte, was der Grund für meine Teilnahme an diesem Anlass ist? Die Mystik der Route und die Gewalt der Natur setzen ihr Zeichen. Der Start musste unwetterbedingt um zwei Stunden verschoben werden, wir fuhren anschliessend in einen wunderschönen Regenbogen – ein weiteres schönes Zeichen. Auf der Tremola, in den unzähligen Kurven und auf den abertausenden Pflastersteinen spürte ich während jeder Minute Vronis Präsenz, erlebte unser gemeinsames Leben, ihre Krankheit und ihren Tod neu. Hinter jeder Kurve erwartete ich meinen Schatz zu sehen, der mich lautstark anfeuert: «Mach, Ueli, gib alles, es ist nicht mehr weit.» Drei Mal fuhr ich an diesem Tag bis Motto Bartola und weitere vier Male auf den Gotthard.
So kann ich mich engagieren

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